Wie wir an WM-Tickets kamen

 

Yep, der Abend konnte kommen. Die Buchse stramm, die Flöte ordnungsgemäß auf rechts, die Haare im Wind cruisten wir ganz lässig in Richtung Otto Fleck. Onkel Jürgen hing mit ein paar Rassehasen in Kalifornien ab, hatte uns sein Cabrio geliehen, 200 Pferdchen, ganz gepflegter Abrieb, einzige Bedingung: Trollinger nur Beifahrer. „Letztes Mal hat mir der Patient das komplette Verdeck ruiniert“, hatte Jürgen gemosert. Hehe, armer Troll, war schließlich Waldis komplett verstrahlte Idee gewesen, die Kristall-Kolonne ausgerechnet im Faltdach zu bunkern. Einmal geschmeidig gebremst, schon hatte die Weizen-Batterie den Abgang gemacht, Destination Hinterbank. Glasbruch, Schaumparty, hohe Fünf! Nun war unsere Partyposse wieder scheckheftgepflegt am Start, Routineeinsatz in der Schneise, vorhin Newsflash vom Kaiser auf der Funke: Interne Kartenvergabe beim OK! Yeah, mussten wir natürlich dabei sein! Ein Blick aufs Zeiteisen, wir waren schon wieder verdammt spät dran. Delle trat das Gas nochmal kräftig Richtung Süden und mit ordentlich Stundenkilos knallten wir auf den Parkplatz. Natürlich wieder mal keine Box frei für die Stars in der Manege, aber ebenfalls wie immer war die Feuerwehrausfahrt noch frei. „Jaha, wer sagt´s denn“, grinste Delle und parkte rückwärts ein. Wir hoben Troll aus dem Kofferraum und checkten ein mit großem Hallo und hoher Fünf für Franz. Der stakste durch den Eingangsbereich, hehe, schwerer Seegang, der Kollege war definitiv schon ordentlich angeleuchtet. Hatte wahrscheinlich bereits seit Nachmittag mit den anderen Vollvögeln vom OK mächtig gelitert. Während Waldi an der Theke vier Nutzgetränke für die Clique klarfuhr, lurchten wir uns professionell an den Kaiser ran. „Franz, wie sieht´s jetzt aus mit Tickets?“ Der Kaiser, ganz lässig, holte ein komplettes Bündel aus der Buchse und warf es auf den Tresen. „Sucht euch was aus, Kollegen.“ Hehe, ließen wir uns natürlich nicht zweimal sagen vom Chefkoch. Delle und ich versenkten unauffällig zehn komplette Serien, Vollaustattung, Buffet-Inseln, Parkplatz im Stadion und jede Menge Extras. Außerdem zwanzig Endspielkarten, Ehrenloge, Vollpension. „Und einmal Stehplatz unüberdacht für Waldi“, grinste Delle breit. Wir machten Danke bei Franz, der aber winkte entspannt ab. „Geschenkt, Buben! Hab’ noch Tickets ohne Ende oben!“ Der alte Fuchs, offiziell alles ausverkauft, aber oben das dicke Lager! Der Kaiser winkte Horst R. an den Tresen: „Schmidtchen, erzähl den Jungs, wie wir das mit der Ticketvergabe hinbekommen haben.“ Horst grinste: „Ganz simpler Trick. Haben wir über Jürgen in Kalifornien laufen lassen.“ Hut ab, wir nickten anerkennend und Delle gab eine Runde feinen Fernet. Währenddessen hatte sich bereits eine Schlange hinter Franz gebildet. Wollten natürlich alle Tickets, die gierigen Spechte. Ganz vorne Berti, dahinter die Dortmunder Pleitiers. Wir machten den Sittich in Richtung Theke. Dahinter rührten ein paar prämierte Jungpuppen in den Gläsern, yeehaw, da waren reife Herren gefragt. Vor dem Tresen waren Mike Ballack und die anderen Kojoten aus er ersten Mannschaft schon gut unterwegs. Wir gaben Pfötchen, die Jungs waren allerdings schwer beschäftigt. „3. Planungstreffen Confed-Cup“, erklärte Mike und fasste zusammen. „Apfelkorn kommt von Kahnemann, Schweinsteiger ist Fernet-Beauftragter, Shaggy, das Pils diesmal bitte mit Spaß!“ Shaggy nickte beflissen, die Runde bückte sich ab. Zu köstlich, gegen Argentinien war Owomoyela doch glatt mit Jever Fun im Hotel aufgeschlagen. Wir setzten unseren Rundgang fort, allzu viel los war aber nicht mehr. Wir hievten Troll von der Doppelnull und checkten aus, aber Höllenhunde, auf dem Parkplatz war ordentlich Gelblicht, Abschleppservice für Jürgens Cabrio, der Haken mittenmang ins Faltdach. Hehe, Jürgen würde toben. „Das Kraftfahrzeug blockierte die Feuerwehrzufahrt“, erklärte ein Wolfgang Wichtig von der Trachtengruppe. „Gehört Ihnen der Wagen?“ Delle grinste: „Sehe ich aus wie ein Cabriofahrer?“ Wir schlenderten unauffällig zum Ausgang und holten dann unsere Endspielkarten aus der Buchse. Na hoppala, die Tickets waren sogar personalisiert. Im Schein der Straßenlaterne versuchten wir die Namen zu entziffern. „Ich hab das Ticket von einer Doris Irgendwas ...“ griente Delle. Meine Karte gehörte einem Gerhard, den Rest konnte ich nicht lesen. Hauptsache Ehrenloge, würden schon ganz ordentliche Plätze sein.                                                                                                                Philipp Köster


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