Nachschub für die Jungs
Morgen stand im Olympiastadion das Viertelfinale gegen Argentinien an, heute
Abend würde also noch mal im kleinsten Kreis derbe gelitert. Motto: Samba si,
Arbeit no! Natürlich waren nur ausgewählte Leistungsträger am Glas, Manager
Bierhoff, der Kapitän, Schnix, dann das Mädchen, Luke, Storch und natürlich die
beiden Keeper. Jens und Kahnemann waren ohnehin seit zwei Wochen die allerbesten
Kumpels. Kicher, knuff, schwer erträglich unsere beiden Kuschelrocker. Definitiv
nicht dabei war Rotkäppchen Odonkor. Der hatte vor dem Schwedenkick mächtig
herumgenervt, von wegen früh ins Bett und schweres Spiel. Irgendwann hatte ihn
Schnix im Schwitzkasten ins Zimmer verfrachtet, auf Kika kamen sicher noch ein
paar nette Cartoons.
Währenddessen machte Sönke schwer einen auf Hollywood und turnte mit der
Handkamera in der Hotelbar herum. „Bleibt ganz natürlich“, rief der Regisseur
hektisch, „tut einfach so, als wäre ich nicht da!“ Die Jungs von der Nati
stöhnten auf. „So geht das schon seit Tagen“, zischte Mike zwischen den Zähnen.
„Neulich sollte Robbie Huth lässig über den Hotelflur latschen. Nach drei
Stunden war die Szene immer noch nicht im Kasten.“ Wir mussten grinsen, hatten
schließlich Insiderwissen. Sönke war nämlich auf großer Felix-Krull-Tournee. Der
Mann hatte sich mit seiner Hollywood-Nummer einen Premiumplatz auf der Bank
gesichert, allerbeste Sicht aufs Spielfeld. Dabei drehte der Mann seit Monaten
mit leerer Kamera, kein Film drin. Wir hatten minutenlang abgelacht, als Sönke
uns die Nummer im Suff gestanden hatte. Vor allem weil Klinsi vor der Linse
richtig Gas gegeben hatte. Sönke schwer am Filmen und Onkel Jürgen nachdenklich
im Morgenlicht am Fenster. Sei’s drum, auf jeden Fall ließ Sönke gerade mal
wieder in der Hausbar die Kamera kreisen, bis es dem Storch zu dumm wurde. Kurz
den Außenrist stehen lassen, schon knallte Wortmann mit Schmackes aufs Parkett.
Die Meute bückte sich schwerstens ab und Mertesacker kommentierte süffisant: „Klappe,
die vierte, mein Lieber!“
Kaum hatte sich Sönke stinksauer verzogen, zog Mike den Zapfhahn auf neun Uhr.
Denn: Ohne ordentlich Oktan in der Blutbahn waren die Gauchos morgen nicht zu
schlagen, soviel war schon mal klar. Während der Kapitän einen Siebenminüter
nach dem anderen auf die Theke bugsierte, klärten wir die Logistik für morgen. „Braucht
ihr noch was?“ fragte Waldi gewissenhaft und zog den Bleistift vom Ohr. Jens
diktierte dem Urviech die Bestellungen in den Block: Sechs Metaxa, vier Fernet,
vier Kästen Normalbenzin und natürlich einmal Jever Fun für Odonkor.
Anschließend ging unser Keeper die Bestellung noch einmal mit Lesebrille durch,
als plötzlich Schritte auf dem Flur zu hören waren. Schnix erbleichte: „Der
Teamchef.“ Von jetzt auf gleich war die Truppe in heller Auflösung, Lehmann
stopfte sich den Zettel fix in die Socken, Waldi, Delle und ich stürmten schnell
wie der Blitz auf die Doppelnull, Bierhoff und Frings gleich hinterher, der
Manager und das Mädchen hatten nämlich ebenfalls schon derbe gelötet.
Gleichzeitig schoben die Jungs hektisch die Spirituosen unter die Theke, sollte
Onkel Jürgen doch denken, hier sei mal wieder der Apfelschorle-Klub auf
Betriebsausflug.
Wir lauschten angestrengt an der WC-Tür. Draußen fuhr Klinsi offenkundig die
alte Teamgeist-Tour und ließ die Jungs einen Kreis bilden. Köstliche Nummer, die
Jungs schon alle auf Rerservetank, aber alle schön im Kreis! Der Teamchef mal
wieder! Dann war Stille, wir krochen näher an die Tür heran, als sich plötzlich
Bierhoff und Frings angestrengt die Ohren zuhielten. „Arghh“, stöhnte der
Manager: „Er spielt wieder das schreckliche Lied.“ Und tatsächlich, Jürgen hatte
den Kassettenrekorder mitgebracht und den Regler bis zur Oberkante aufgedreht: „Dieser
Weg wird kein leichter sein!“ Delle und ich mussten lachen und blickten zu
Bierhoff und Frings. Die beiden hockten vollstramm in der Duschkabine. Das würde
tatsächlich kein leichter Weg für das dynamische Duo, morgen gegen Argentinien.
Vor allem der Torsten war immer so reizbar…