Mike wird Mitglied der Clique

Mike bekam langsam unruhige Füße. „Was geht jetzt, Jungs?“, kam der Kollege ums Eck. „Morgen um neun habe ich Training in Leverkusen. Kann nicht schon wieder zu spät kommen, letztes Mal hatte Rudi schon die ganz enge Mütze auf.“ Hehe, wir mussten grinsen...
Horny hatte definitiv keine Ahnung, was heute abend noch auf ihn wartete.
War nämlich ein großer Tag für unseren jungen Freund. Offizielle Aufnahme in die Clique als Senior Member, Probezeit abgelaufen, volles Stimmrecht. Das hatte sich Mike aber auch verdient, der Mann hatte schließlich über Monate sehr ordentlich am Glas performt, außerdem war er inzwischen auch in der Kategorie Outfit konkurrenzfähig, nachdem Onkel Günter das Zehnerpack Discounterjeans, Modell „Friedhelm Funkel“, in die Klamottentüte gepackt hatte. Und schließlich hatte der Kollege belastbare Kontakte zu betanzbaren Chicas. Keine Trostpreise, sondern erstklassige Starlets.
Wo Mike die Damen herbekam, war sein Geheimnis. Aus Leverkusen schon mal nicht. Aber zurück zum Thema, heute abend wurden jedenfalls keine Gefangenen gemacht. Da traf es sich gut, dass Waldi nicht mit von der Partie war, der hing ja schon seit Wochen mit seinem neuen besten Freund in Turin ab und machte auf frisch promoviert. Hatte kürzlich, als ihm Delle in der ARD-Konferenz die neue „Supermöpse“ über den Tisch geschoben hatte, sogar gefragt: „Sagen Sie, Herr Delling, was ist das für ein Blatt?“ Nicht zu fassen, ausgerechnet Waldi, der Mann mit der zweistelligen Abo-Nummer, der Postersammler. Anyway, nun ging das Abendprogramm los. Die Clique erhob sich und Troll überreichte dem baffen Horny seinen Mitgliedsausweis und ein Video mit den besten Szenen von Sarah Young. Unser Youngster kämpfte mit den Tränen. „Weiß gar nicht, was ich sagen soll“, schniefte er. „Damit habe ich nicht gerechnet!“ Das Video hatte Mike allerdings schon. Eine Stunde später hatte sich Bambi jedenfalls wieder gefasst und wir konnten mit dem alkoholischen Abendprogramm beginnen. Troll mixte am Freezer Hochprozenter für die ganze Truppe. Stößchen und ab dafür! Auf die Nationalelf! Wir schüttelten uns, definitiv rezeptpflichtig, die Drinks! Kein Wunder also, dass wir schon bald Reiseflughöhe erreicht hatten. Höchste Zeit für die Abteilung Humor! „Telefon her“, kommandierte Trollinger und zog den Apparat von der Theke. „Sag mal einer die Nummer vom Jürgen!“ Delle diktierte, Troll wählte und hatte den Mann gleich am Apparat. „Jürgen, ich bin ́s, dein Präsident. Nein, nicht der Theo, der Gerhard! Wollte nur kurz mitteilen, dass der TrainerWorkshop in Düsseldorf ausfällt. Ja, kannst ruhig nach Kalifornien fliegen! Oder sonst wohin! Nein, von mir erfährt Debbie kein Wort! Versprochen! Und servus!“ Hörer aufgelegt und alle abgelacht für zehn. Delle gluckste: „Das gibt richtig gute Presse für den Jürgen!“ Zweite Runde, nun griff Mike zum Hörer und wählte. Eine Dortmunder Nummer, was hatte der Mann vor? „Mist“, zischte Horny, „nur der Anrufbeantworter!“ Aber dann gab der Kollege trotzdem alles am Phone: „Hallo Christian, hier spricht der Bundestrainer. Gut, dass nur der Anrufbeantworter dran ist. Ich wollte dir nämlich mitteilen: Du bist bei der WM nicht dabei. Warum? Nur so!“ Und ab mit dem Hörer auf die Gabel. Bruahaha, wir bogen uns, Mike blickte triumphierend in die Runde. „Jede Wette, das Mädchen läuft Amok“, prophezeite Delle kichernd. Wir lehnten uns in den Sofas zurück. Noch was vergessen? Natürlich, unsere Tagesplanung für Italien. Trollinger kramte umständlich die Lesebrille aus dem Etui und ging die Liste durch: „Für die Koma-Kolonne am Vorabend haben bislang folgende Teilnehmer zugesagt: Shaggy, Schnix, Mike Ballack natürlich, der komplette Nachwuchs und beide Torhüter! Für die Grappa-Tour nach dem Spiel hat sich außerdem noch Mertesacker eingetragen!“ Delle stutzte: „Was ist mit Lahm und den anderen Kojoten aus der 7?“ Trollinger winkte genervt ab. „Alles Luftpumpen! Lahm erzählt ständig einen vom Pferd, von wegen Kampf um den Stammplatz und schädlicher Alkohol und so!“ Empörung bei der Clique. Delle mopste sich: „Der Lahm! Soll mal besser aufpassen, dass er seinen Stammplatz bei uns nicht verliert!“ Mike assistierte eilfertig: „Genau!“ Wir mussten grinsen: Der Mann hatte seinen Stammplatz definitiv sicher.