Die Jungs haben Durst
Zwanziger hatte natürlich erst herumgezickt wie Mutti im Sexshop, dann war
Theo aber doch noch mit dem Passwort rübergekommen. Und wir hatten es uns
natürlich nicht nehmen lassen, höchstpersönlich bei den Jungs vorbeizuschauen,
mit ordentlich Marschgepäck, versteht sich. Wir wurden von der Posse schon
sehnsüchtig erwartet, die Frisur hatte nämlich vorsorglich die Zimmertheken
grundreinigen lassen. Trudelten natürlich sofort die Bestellungen aus dem
Quartier, der Kapitän, Kahnemann und die anderen orderten gleich palettenweise.
Mike per SMS: „SOS. Wir verdursten!“ Ehrensache, dass wir da aushalfen. Wurde
allerdings immer schwieriger. Löw hatte gestern nämlich bei Schweini im
Nachtkasten die Batterie Feiglinge Junior entdeckt, die wir am Dienstag ins
Quartier geschmuggelt hatten. Jogi hatte gleich bei Papa Jürgen gepetzt,
anschließend extrem rauchige Stimmung auf der Etage und schärfste Bewachung der
ganzen Truppe. Wir wollten trotzdem noch mal vorbeischauen, morgen ging es
schließlich nach München, Costa Rica wegputzen. Also schlugen Delle und ich
zusammen mit Waldi und Trollinger Punkt 23 Uhr vor der Hotelpforte auf und
bimmelten den Nachtportier aus den Federn. „Parole?“ knarzte es durch die
Gegensprechanlage. Das war Stenger, unverkennbar. Delle beugte sich zur
Sprechmuschel und flüsterte: „Walter Straten“. Wir mussten grinsen, Jürgen hatte
Humor. Vorsichtig pirschten wir uns durch das Freigelände. Plötzlich zischte
Delle hektisch vom Ecktisch: „Runter auf den Boden“. Troll und ich gingen gleich
vorschriftsmäßig in Gefechtsstellung, hatten eben beide gedient. Waldi hingegen
war mal wieder als Showorchester Ungelenk unterwegs und knallte mitten in die
Rabatten. Wir lugten vorsichtig zum Hotel. Tatsächlich, am Turmfenster stand
Vollspaten Löw und linste mit Feldstecher rüber. Großes Autorenkino mal wieder.
Troll übernahm die Führung unserer kleinen Expedition: „Hier entlang. Toter
Winkel für Jogi!“ Wir nickten anerkennend, dafür dass unser Ältester schon seit
einer Woche nördlich der drei Promille unterwegs war, war der gute Mann
definitiv in WM-Form. Schon drängelte sich die ganze Truppe an der Hotelwand und
folgte Troll. Wir hatten das Gehöft schon beinahe komplett umrundet, da klopfte
Troll endlich an eine Butzenscheibe in Hüfthöhe. Nach einer Minute öffnete sich
das Fenster, eine misstrauische Stimme fragte: „Wer da?“ Statt einer Antwort
reichte Troll zwei Flaschen Averna in die Luke. Der Rest war Jubel. „Die Jungs
sind da!“ Wir kletterten durch das Fenster in den Schankraum, Schweini und Miro
lehnten lässig am Zapfer, der Rest der Nati stand Spalier und klatschte sich die
Hände wund. „Günter, Günter“, Und: „Waldi, Waldi!“ Schon nestelten die ersten
Auswahlspieler gierig an unseren Rucksäcken. „Her mit den Kolben“, rief Schnix
hysterisch und selbst der kleine Odo schnappte sich zwei Wachmacher aus Onkel
Günters Schatztruhe. Respekt, den Jungen hatten sie aber gut erzogen, vor zwei
Wochen gab es für unser Nesthäkchen noch brav Spezi durch den Strohhalm. Und wir
hatten ja noch eine kleine Überraschung für die Truppe, ein 50-Liter-Fässchen
feinstes Urpils. Die Truppe war nun heiß wie Frittenfett. Kahnemann drängelte
sich vor und schnappte nach dem Fass, war aber schon gut angeleuchtet und ließ
das gute Fass fallen, mit Schmackes unserm Käpt’n in die Hacken. Ballack
natürlich sofort am Hinken, Wadentreffer versenkt, Mike humpelte stocksauer in
seine Kajüte. „Da wird jetzt erst mal wieder Daumen gelutscht“, mutmaßte Schnix.
War allerdings auch mal wieder eine typische Olli-Aktion: 3000 Watt in den Armen,
Birne leuchtet trotzdem nicht. Aber eh wurscht, das Fass war fällig. Schneider
ließ sich nicht bitten und zapfte das Wertstück mit geübten Griffen an.
Kahnemann schob gleich gierig sein Glas unter den Hahn und krakeelte stolz: „Erster“.
Der gute Mann hatte sich immer noch nicht umgewöhnt. Wir drängelten Olli
beiseite und machten Prost mit allen. Auf Jürgen! Auf Walter Straten! Auf uns!
Die WM konnte losgehen.