Mit Olli und Reinhold auf der Doppelnull

Wir wurden in der Keramik vorstellig und öffneten routiniert mit einem Zwickel die Türen. Auf Box Eins schnupperten gerade die Jungs vom Bezahlfernsehen den Toilettenkasten sauber, auf der Zwei hockte Goleo mit hochroter Birne. Box Drei war ebenfalls besetzt...

Na also, ging doch. Nachdem Delle einen zeitnahen Satz heiße Ohren angeboten hatte, legte der Plattenmeister endlich ein paar amtliche Tanzbodenfeger auf. Waldi und ich zwinkerten uns zu und machten Dreierkette auf die Tanzfläche. Schließlich machten dort ein paar kesse Bienen aus dem weiteren Effenberg-Umfeld schwerstens Alarm. „Die sind eigentlich ein Fall für die Sitte“, murmelte Delle anerkennend. Wurde aber auch höchste Zeit, dass die Auslosungs-Party endlich auf Zimmertemperatur kam. Schon seit einer Stunde lungerten die Uli-Stein-Krawatten aus der Ottofleck am Tresen herum, außer uns turnten nur noch Jogi und Olli lustlos auf der Tanzfläche. Klarer Fall, die Jungs waren definitiv keine Stammgäste in der Tanzschule gewesen. Vor allem Jogi tanzte, als hätte er weiße Mäuse in der Buchse. Klassischer Co-Trainer eben. Himmel, was hatten uns die Jungs vom Oka vorher nicht alles versprochen? Betanzbare Weiber satt, hatte es geheißen, außerdem Schampus und freier Zugang zu den weiblichen Mitgliedern der brasilianischen Delegation. Access All Areas, hehe. Also hatten wir uns in Delles Maurerporsche gesetzt und mit ordentlich Oktan nach Leipzig übergesetzt. Der Abend hatte allerdings seeeehr mäßig angefangen, Waldi hatte seine Paulaner-Vorräte nicht mit in den Saal bekommen und Ärger mit der Sicherheit bekommen. Pflichtgemäß hatte der Kollege vom Bayerischen Rundfunk zuerst zugelangt, immer mit der Nase auf die Faust. Die Auslosung war ein Vollflop und Dirty Heidi war nicht mit mir, sondern mit Reinhold zur Aftershow gefahren. Mit Reinhold! Warum nicht gleich mit Rudi Michel? Ich hatte stattdessen Goleo in der Karre. Schönen Dank auch, der Patient hatte mir mächtig die Schonbezüge vollgehaart. Nun groovten wir jedenfalls mit den Mädels und verteilten großzügig Zungentorpedos, als plötzlich Bewegung in den Laden kam. Die Vollgasfraktion rund um den schwerstens verschneiten Hans Kok hatte eingecheckt, nun konnte es endlich losgehen. Hänschen war ohnehin schwer in Ordnung, der Kollege bekam zwar in seinem Zustand noch nicht mal eine Jungfrau halbiert, hatte aber vorhin im Zauberkasten jede Menge Muntermacher gebunkert, allerfeinsten Eierlikör von der Kok-Mutti, echt lekker! Nun schlug der Kollege jedenfalls mit Lothar, Kalle, Franz und den anderen Kojoten auf, orderte mit fahriger Geste eine Metaxarundfahrt und führte das große Wort: „Günter, hast du gesehen, wie ich das gemacht habe, mit der Auslosung? Ganz leichte Gruppe für Deutschland! Ganz kleine Illusion für Hans!“ Er nun wieder! Konnte Ungarns Nationaltrainer natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Lothar blies mächtig die Backen auf: „Klappe, Holländer, wenn einer die Flossen im richtigen Moment an den Kugeln hatte, dann war das definitiv Lothar Matthäus.“ Apropos Flossen an den Kugeln, wo war eigentlich Heidi? Keine Spur von der Dame unseres Herzens. Links tuschelten Weinreich und Kistner von der Journaille. Beide mit Sonnenbrille und Lochzeitung, die Jungs recherchierten sicher gerade mal wieder investigativ. Vielleicht hatte Trollinger ja mal wieder vergessen, seinen Deckel zu bezahlen. Wir hätten allerdings auch mal einen Job für die Kollegen, Heidi war nämlich immer noch nicht aufgetaucht. Langsam machte sich die Clique echte Sorgen: Nicht, dass Reinhold vor uns entscheidende Punkte gemacht hatte. Wir zückten unsere Detektivausweise und sicherten Beweise, bis auf Waldi, der textete einer Thekenkraft das Ohr warm. Dann gab uns Rummelfliege den entscheidenden Tipp: „Schaut mal auf der Doppelnull nach!“ Gesagt, getan! Wir wurden in der Keramik vorstellig und öffneten routiniert mit einem Zwickel die Türen. Auf Box Eins schnupperten gerade die Jungs vom Bezahlfernsehen den Toilettenkasten sauber, auf der Zwei hockte Goleo mit hochroter Birne. Da ging gar nichts, wir lachten hämisch. Box Drei war ebenfalls besetzt. Delle warf sich auf den Boden und linste parterre hindurch. Eindeutig Beckmanns Slipper mit Borte. Allerdings keine Spur von Heidis Stilettos. Stattdessen hörten wir Bierhoff anerkennend durch die Tür. „Wie du das mit Costa Rica und Ecuador hinbekommen hast, macht dir keiner nach, mein Lieber.“ Reinhold bescheiden: „Alles eine Sache der Planung. Heidi hat toll mitgearbeitet. Und vergiss nicht: Es gibt keine leichten Gegner mehr!“ Die beiden lachten hässlich und Reinhold zog die Spülung.
 

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